
LANGENHORN Wer durch das Labyrinth der verschlungenen Wirtschaftswege in der Fritz-Schumacher-Siedlung läuft, hört an vielen Stellen leises oder auch lauteres Gegacker.
Noch vor 100 Jahren gehörten Schweine, Schafe, Gänse und Hühner zum gewohnten Bild in den Selbstversorgergärten der Doppel- und Reihenhäuser. Hühnerhaltung liegt im Trend, nicht nur TV-Größen wie Judith Rakers und Barbara Schöneberger haben die Freude daran entdeckt, sondern auch immer mehr Bewohner der denkmalgeschützten Siedlung.
„Ich habe mich einfach in Manfred verliebt“, gesteht die 37-jährige Judy (*Nachname ist der Redaktion bekannt). Manfred ist ein stattlicher Hahn der französischen Rasse Bresse-Gauloises, allerdings mit einem Handicap: Er hat einen verkrüppelten Fuß. Judy entdeckte das Hähnchen im Alter von zwei Monaten bei ihrem Nachbarn Steven Tews, der auch Hühner und Gänse hält. „Ich habe schon immer ein Herz für Außenseiter-Tiere“, sagt die Langenhornerin, die auch drei Katzen aus dem Tierschutz und ein altes Pferd aufgenommen hat.
Der Nachbar schenkte ihr den jungen Hahn – und wenig später, damit der nicht allein sein muss, noch zwei weiße Hennen, Erika und Meta. Mit deren Nachwuchs Daniela und der schwarzen Henne Gabriele ist die Truppe seit ein paar Monaten komplett.
„Sie machen mich einfach glücklich – ich könnte nicht mehr ohne sie leben. Jedes Mal werde ich freudig begrüßt, wenn ich mich zu ihnen setze oder Leckereien mitbringe. Besonders beliebt sind Eisbergsalat, Melone, Basilikum und Hüttenkäse mit Knoblauch – dafür lassen die Feinschmecker jedes Körnerfutter liegen“, erzählt Judy lachend.
Das Gartenhäuschen hat sie zum komfortablen Hühnerstall mit zeitgesteuerter Klappe umfunktioniert, mit Sitzstangen, Nestern zur Eiablage und Klettermöglichkeiten. Platz für die Wurm- und Schneckenjagd gibt es reichlich und Sträucher sowie Brombeerbüsche bieten dem Geflügel Schatten und Versteckmöglichkeiten vor potenziellen Feinden wie dem Habicht.
Nachbarn und Arbeitskollegen werden mit frischen Eiern versorgt und Spaziergänger, die vor allem an den Wochenenden oftmals mit ihren Kindern durch die Siedlung schlendern, freuen sich, das Federvieh im Garten beobachten zu können.
„Dass wir mitten in der Stadt so ländlich leben dürfen, ist ein Privileg. Die Bio-Diversität macht unsere Siedlung lebens- und liebenswert“, sagt Judy dankbar.