Glück im Kieswerk

Bark/Kreis Segeberg. Mehrmals pro Jahr öffnen sich die Tore eines Kieswerks in Bark bei Bad Segeberg für Familien-Exkursionen in die Erdgeschichte. Das Abendblatt war mit dabei.

„Nehmt mit, was ihr schön findet“, empfiehlt Umweltwissenschaftler Rolf Konkel bei der Einweisung und fügt mit einem Augenzwinkern hinzu: „Wer nicht schleppen will, kann sich auch eine Fuhre Kies für seine Einfahrt oder Gartenwege bestellen und zuhause weiter auf Schatzsuche gehen.“

Die mächtigen Maschinen des Kieswerks stehen heute still, aber schon morgen sieben und sortieren sie wieder die Gesteinsmengen. Die Anlage zu erkunden ist absolut tabu. Umso mehr zu entdecken, gibt es auf den meterhohen Kiesbergen des weitläufigen Geländes.

Erwartungsvoll hält der fünfjährige Ole einen schillernden, glatten Stein mit scharfen Kanten in die Höhe. „Ein wunderschöner Feuerstein“, lobt Konkel und macht den obligatorischen „Kratz-Test“ auf einem kleinen Spiegel, der Spuren hinterlässt. Mindestens 66 Millionen Jahre alt ist der Fund und diente unseren Vorfahren für Werkzeuge und zum Feuermachen – der kleine Ole ist mäßig beeindruckt.

„Der Feuerstein ist der ‚Opal des Nordens‘ und wird leider unterschätzt. Er ist ein natürliches Kunstwerk und erhält von einigen Schmuckdesignern mit entsprechendem Schliff sogar Edelstein-Schick“, begeistert sich dagegen Kerstin Pfeiffer. Die diplomierte Geologin gründete 2011 den „GeoPark Nordisches Steinreich“ und vermittelt an verschiedenen Orten in Norddeutschland sowie auf Reisen in Europa Natur- und Umweltbildung zur Erd- und Klimageschichte. Die Kooperation mit dem Kieswerk in Bark besteht seit Beginn und trotz Besitzerwechsel.

„Viele Besucher wollen einen Dino finden“, erzählt Kerstin Pfeiffer, „doch die gibt es hier gar nicht.“ Stattdessen sind in den stattlichen Kiesbergen versteinerte Seeigel und mit ihnen verwandte Seelilien aus der Kreidezeit zu erbeuten, ebenso wie Brachiopoden, die zwar auf den ersten Blick wie eine Muschel aussehen, aber keine sind, sondern sogenannte Armfüßler.

Tomte aus Stockelsdorf ist schon zum zweiten Mal in Bark mit Feuereifer auf geologischer Schatzsuche – professionell ausgestattet mit Schaufel und Rucksack. „Ich habe zuhause ein Mikroskop und schaue mir alles gerne genau an“, sagt der Sechsjährige. Nach nur 30 Minuten hält er einen der begehrt „Donnerkeile“ in der Hand. „Das ist ein Teil von einem urzeitlichen Tintenfisch“, erklärt der junge Naturforscher seinen fingergroßen Fund. Aber auch das Runterrutschen von den Kiesbergen findet er großartig.

Sara Rüter schaut etwas neidisch. Die Elmshornerin ist mit ihrer Familie gern auf Fehmarn am Strand unterwegs, um Bernstein aufzuspüren – heute sollte es mal etwas anderes sein. Vorsichtshalber hat sie Handschuhe angezogen, doch ihre „Grabungen“ im Barker Kies sind bislang erfolglos – „macht aber dennoch Spaß. Die Funde der anderen stacheln einen an und motivieren weiterzusuchen.“

Einen Kiesberg weiter jubelt Maja. Die Zehnjährige aus Rostock hat eine seltene „Druse“ gefunden, wie Kerstin Pfeiffer mit Freude diagnostiziert. Der wunderschöne Fund glitzert und strahlt – ist es doch ein mit Kristall gefüllter Hohlraum im Gestein. Für größere Exemplare zahlen Sammler viel Geld, aber dieses Stück möchte Maja auf jeden Fall behalten.

Auch ihr Vater Henrik Lundt hat großes Finderglück. Auf einem handtellergroßen Stein sind deutlich Linien zu sehen. „Das sind versteinerte Spuren ausgestorbener Lebewesen, sogenannte Ichnofossilien – etwas ganz Besonderes. Solche Funde begeistern mich und machen mich zudem immer sehr ehrfürchtig, denn es sind die ersten Zeichen höherer, vielzelliger Lebewesen“, erklärt Geologie-Spezialistin Kerstin Pfeiffer.

Ohnehin nimmt sich das GeoPark-Team für jedes Fundstück und für jeden Finder viel Zeit und erklärt auch den Kleinsten die faszinierende Erdgeschichte. „Kennst Du SpongeBob Schwammkopf?“, fragt Rolf Konkel die sechsjährige Lilli. Die nickt heftig. „Dein durchlöcherter Stein ist genau das: ein Schwamm, nur versteinert und viele Millionen Jahre alt.“ Der Vergleich macht Eindruck – bei den Umstehenden und bei Lilli.

„Unsere ‚Lieblingsfrage‘ lautet: Ist das etwas? Wobei immer das Empfinden des Schatzsuchenden maßgeblich ist, denn der eigene Stein ist eigentlich immer der schönste – egal, ob mit oder ohne geologisches Geheimnis“, weiß Kerstin Pfeiffer.

Nach zwei Stunden Graben, Buddeln und Sortieren verlassen 90 Besucher das Kieswerk – etwas müde und staubig, aber dank gut gefüllter Rucksäcke und Eimer nun steinreich.

 

Die nächste Familien-Exkursion in Bark findet am Sonntag, 6. Juli, von 16 bis 18 Uhr statt. Infos und Tickets (Erwachsene 10 Euro, Kinder von vier bis 14 Jahren sechs Euro) gibt es unter www.geopark-nordisches-steinreich.de.