
FUHLSBÜTTEL Mit 21 Jahren übernimmt Lutz Heimhalt seinen Ausbildungsbetrieb – 50 Jahre später feiert er mit seiner Buchhandlung ein beeindruckendes Jubiläum.
„Schon als Kind habe ich Bücher ‚gefressen‘“, erzählt der 71-Jährige. Die Schule war nicht so sein Ding; nach der zehnten Klasse warf er hin, jobbte erst als Briefträger und machte dann eine Buchhändler-Lehre bei Hartwig Schröder im Erdkampsweg 6. „Schon nach zwei Monaten habe ich den Laden allein ‚geschmissen‘, weil mein Chef die Zeit lieber auf seiner Viermastbark ‚Pippi Lotta‘ verbringen wollte“, erinnert sich Heimhalt.
Mit 21 Jahren, 600 DM Eigenkapital und diversen Krediten übernahm er das Geschäft und war 1975 der jüngste selbständige Buchhändler Deutschlands.
Nach dem Umzug 1987 ein paar Türen weiter in den Erdkampsweg 18 wurde das Sortiment immer größer. „Und weil ich alte Bücher immer geliebt habe, kam Anfang der 1990er Jahre auch unser Antiquariat hinzu.“
Doch in dieser Buchhandlung, die so anders ist, als die großen, anonymen Literatur-Kaufhäuser, gibt es viel mehr als nur Geschriebenes – sie ist auch ein Begegnungsort für Freunde und Nachbarn. Hier werden Kräuter, Tomatenpflanzen und Blumensamen getauscht wie Klatsch, Ratschläge und Erinnerungen. Hilfsgüter für die Ukraine werden vorbeigebracht wie Manuskripte zum Gegenlesen – und so manches ist sogar mit Erfolg veröffentlicht worden.
Herzlichkeit und gute Laune machen die besondere Atmosphäre bei „Herrn Lutz“, wie Heimhalt manchmal genannt wird, und seiner Frau Natalia Banakh aus. „Gespräche mit den Kunden sind die größte Freude. Einige Familien kommen schon in der vierten Generation zu uns“, verrät der Jubilar, der am liebsten Thriller liest. Sein aktueller Tipp: „42 Grad“ von Wolf Harlander.
Die Bestellwut im Internet und die veränderten Lesegewohnheiten machen Lutz Heimhalt zu schaffen, lassen den Umsatz sinken. „Früher haben wir Reclam-Hefte rauf und runter verkauft ebenso wie Stadtpläne aus allen Ecken der Welt und es gab regalweise Computerbücher – alles vorbei. Dennoch haben viele in und nach der Corona-Zeit dem Einzelhandel die Treue gehalten. Ich bin dankbar für die tollsten Kunden, die man sich wünschen darf, denn ohne sie würden wir nicht unser 50. Jubiläum feiern können.“