
Seit 60 Millionen Jahren bevölkern Igel die Erde und gehören damit zu den ältesten noch lebenden Säugetieren. Doch die Stachelritter sind in Gefahr. In einigen deutschen Bundesländern stehen sie bereits auf der Roten Liste vom Aussterben gefährdeter Tierarten.
„Die Gründe sind menschengemacht“, sagt Petra Hausfeldt. Bis Mai 2023 hat sie in Tangstedt über zehn Jahre eine private Igel-Station betrieben und Hunderte kranke und verletzte Vierbeiner versorgt und aufgepäppelt. Die 55-Jährige setzt sich für die Tiere ein und gibt Tipps, wie Gartenbesitzer ihnen das Leben erleichtern können.
„Ein großes Problem ist, dass Igel in ‚aufgeräumten‘ Gärten immer weniger Futter finden. Das besteht eigentlich aus Käfern, Larven und Raupen, doch deren Zahl sinkt rasant, denn auch ihnen fehlt das Nahrungsangebot – Stichwort Insektensterben. In meiner Station habe ich viele unterernährte Igel aufgenommen, die durch einen sogenannten Hungerknick gezeichnet und zusätzlich durch lebensgefährliche Parasiten geschwächt waren.“ In größter Not fräße ein Igel zwar auch Schnecken und Regenwürmer, aber die würden ihn krankmachen, denn sie übertragen etwa den Darm-Saugwurm, der gefährliche Darmentzündungen auslöst.
Wer Igel bei der Nahrungssuche helfen möchte, sollte in seinem Garten bienen- und insektenfreundliche Blumen und Futterpflanzen setzen und Ecken mit Laub und Ästen schaffen, in denen sich Igel sowie Käfer wohlfühlen. „Auch unter einer Holzterrasse finden Igel einen Unterschlupf und eine Schlafstelle“, weiß Petra Hausfeldt aus eigener Erfahrung. Ein Schale mit täglich frischem Wasser freut die vierbeinigen Garten-Helferlein, die auch Schädlinge wie Mäuse und Ratten in Schach halten, indem sie deren Nester plündern.
Ein großes Thema beim Igelschutz ist der Einsatz von Gartengeräten. „Vielen Gartenbesitzern ist nicht bewusst, dass Mähroboter für Igel zum tödlichen Verhängnis werden können, vor allem, wenn sie nachts arbeiten“, warnt die Wilstedterin. Als nachtaktives Tier flüchtet der Igel nämlich nicht bei drohender Gefahr, sondern rollt sich zur Kugel zusammen. Doch das bewahrt ihn nicht vor verheerenden bis tödlichen Verletzungen durch den Mähroboter. Dessen scharfe Klingen rasieren in Sekundenschnelle Stacheln ab, reißen Hautschichten auf, trennen Schnauzen und Füße ab. „Das Schlimmste, was ich bisher gesehen habe, war ein Tier, dem das halbe Gesicht weggesäbelt worden war“, sagt Petra Hausfeldt. Sieben entstellte Igel hatte sie im vergangenen Jahr aufgenommen – vier haben es trotz ihrer Fürsorge nicht geschafft. Fatal ist, dass ein Großteil der verletzten Tiere gar nicht entdeckt wird, weil sie sich mit letzter Kraft ins Dickicht schleppen und dort – von den Menschen unbemerkt – qualvoll sterben.
Zwar werben Hersteller von Mährobotern mit einer Sensortechnik, doch nur wenige Modelle reagieren tatsächlich so sensibel, dass sie bei einem Hindernis stoppen, wie eine alarmierende Studie der Universität Oxford von der dänischen Forscherin Sophie Lund-Rasmussen ergab. Im Test erkannte keiner der 18 Mähroboter alle Igel-Präparate. Vor allem Igel-Babys unter 200 Gramm Körpergewicht wurden von den Maschinen überrollt und zerstückelt. Auf diese Weise werden in der Natur ganze Igelfamilien ausgelöscht, die in der Dämmerung und im vermeintlichen Schutz der Dunkelheit auf Futtersuche gehen. 70 Prozent aller Igel-Kinder sterben innerhalb ihres ersten Lebensjahres wegen Unterernährung oder tödlicher Verletzungen.
Petra Hausfeldt appelliert deshalb an alle Gartenbesitzer: „Bitte lassen Sie Ihre Mähroboter nur tagsüber und bis spätestens 18 Uhr laufen.“ Und sie hat noch eine dringende Empfehlung: „Schauen Sie unbedingt vor dem Einsatz eines Rasenkantenschneiders unter die Hecke – vielleicht schläft dort gerade ein Igel, den Sie schwer verletzen könnten.“